RA Thomas Domsz

Das Behindertentestament

Mit Hilfe eines sogenannten Behindertentestaments können Eltern auch nach ihrem Tode ihrem behinderten Kind Leistungen zuteilwerden lassen, ohne dass der Staat als Sozialhilfeträger Zugriff auf dieses Vermögen hat. Für den Erblasser bietet sich immer dann die Errichtung eines Behindertentestaments an, wenn es in der Familie einen pflegebedürftigen oder behinderten Angehörigen gibt, für den die anfallenden Kosten für die Pflege/Betreuung vom Staat bezahlt werden. Vorrangig sollen mit dieser Testamentsart zwei Ziele erfüllt werden:

+ Wenn der Erblasser verstirbt, soll ein pflegebedürftiger oder behinderter Angehöriger für den Erbfall abgesichert sein.

    + Der behinderte oder pflegebedürftige Angehörige soll auch trotz einer Erbschaft weiterhin die volle staatliche Unterstützung erhalten.

    Für was genau ist ein Behindertentestament nun gut?

    Menschen mit Behinderung bekommen in vielen Fällen Leistungen der Eingliederungshilfe oder Sozialleistungen wie z.B. Grundsicherung, welche in der Regel einkommens- und vermögensabhängig sind. Dies heißt im Klartext, dass der Staat keine Leistungen bewilligt, wenn der Empfänger der Leistung über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügt. Wenn nun ein Mensch mit Behinderung erbt, so stellt dieses Erbe in der Regel Vermögen dar. Die unerwünschte Konsequenz hieraus besteht darin, dass Sozialleistungen nun zunächst aus dem Erbe bezahlt werden. Das Erbe kommt dann also nicht dem Behinderten zugute, sondern dem Staat als Sozialhilfeträger. Doch genau dies können Eltern mit dem sogenannten Behindertentestament verhindern.

    Und wenn das behinderte Kind einfach enterbt wird?

    Nein. Das behinderte Kind darf auf keinen Fall enterbt werden oder lediglich eine Erbquote erhalten, die unter der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils liegt. In beiden Fällen können Ansprüche auf den Pflichtteil bestehen, die vom Sozialhilfeträger sodann gegenüber dem Erben geltend gemacht werden. Hierdurch würde aber das behinderte Kind Vermögen erlangen, welches zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu verwenden ist, ohne dass sich gleichzeitig die Lebensqualität des Kindes erhöhen würde.

    Wie sieht nun so ein Behindertentestament denn aus?

    Folgende Kriterien sind zwingend bei der Abfassung eines Behindertentestaments zu berücksichtigen:

    1. Das behinderte Kind muss mehr als den ihm gesetzlich zustehenden Pflichtteil bekommen.

    In dem Behindertentestament legt der Erblasser fest, dass der Erbe mit Behinderung etwas mehr als den Pflichtteil bekommen soll. Das ist unbedingt zu beachten, damit keine Ansprüche auf den Pflichtteil vom Sozialhilfeträger geltend gemacht werden können.  

    2. Der Erbe mit Behinderung muss als sogenannter „Vorerbe“ eingesetzt werden.

    Der entscheidende Vorteil hiervon ist, dass der Vorerbe das Erbe nicht zu seiner freien Verfügung bekommt. Der Vorerbe muss es für seinen Nacherben (die Schwester oder den Bruder) bewahren. Nur wenn Erträge anfallen, darf der Vorerbe sie frei nutzen. Erträge können zum Beispiel Zinsen sein. Stirbt der Vorerbe, geht das gesamte Erbe von ihm an den Nacherben weiter. Als „Nacherben” kann der Erblasser weitere Familienmitglieder einsetzen, zum Beispiel eine Schwester oder einen Bruder des behinderten Kindes. Das Erbe bleibt somit in der Familie.

    3. Der Erblasser muss eine Person als Testamentsvollstrecker bestimmen.

    Dieser Person sollte der Erblasser vertrauen können, z.B. ein Familienmitglied oder eine Person aus diesem Umfeld. Ganz wichtig ist hierbei jedoch eines: Rechtliche Betreuer dürfen nicht Testamentsvollstrecker werden. Der Grund: Rechtliche Betreuer sollen die Testamentsvollstrecker kontrollieren. Und da man sich schlecht selbst kontrollieren kann, besteht hier die Gefahr einer sogenannten Interessenkollision.

    Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers besteht darin, die Erträge aus dem Erbe zu verwalten. Testamentsvollstrecker können dem behinderten Kind mit den Erträgen zum Beispiel kleinere Geldbeträge überlassen oder einen Urlaub bezahlen. Am besten schreibt der Erblasser genaue Anweisungen für den Testamentsvollstrecker, wie z.B., dass das behinderte Kind Geschenke zum Geburtstag bekommen soll.

    Sie sehen bereits, dass es ein rechtlich komplexes Unterfangen ist, ein Behindertentestament zu erstellen. Zudem muss sich die beste Lösung an Ihrer individuellen Situation und Ihren Wünschen orientieren. Deshalb empfehlen wir Ihnen unbedingt eine rechtliche Beratung hierzu.

    Gerne sind wir Ihnen bei der Erstellung eines Behindertentestaments behilflich, so dass der behinderte Angehörige, den Sie auch nach Ihrem Tode unterstützen wollen, ein wenig Lebensqualität hinzugewinnt, ohne dass der Staat Zugriff auf das Erbe bekommt. Sprechen Sie uns einfach an.

    RA Thomas Domsz

    Erbschaftssteuerfreibeträge

    Im Jahr 2022 betrugen die Einnahmen des Fiskus aus der Erbschaftsteuer in Deutschland rund 9,23 Milliarden Euro. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Erbschaftssteuer nur auf Vermögenswerte anfällt, welche über die Steuerfreibeträge hinausgehen. Wenn man dies noch berücksichtigt, kann man sich erst eine vage Vorstellung davon machen, welche riesigen Vermögenswerte jährlich in Deutschland vererbt werden.

    Grundsätzlich gilt für den Erwerb durch einen Erbfall, dass Erbschaftssteuer gezahlt werden muss, sobald der Nachlasswert über die anzusetzenden Freibeträge hinaus geht. Dabei hat das Verwandtschaftsverhältnis, das zwischen dem Erblasser und dem Erben besteht, Auswirkungen darauf, wie hoch die Freibeträge ausfallen. Die aktuellen Erbschaftssteuerfreibeträge sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

    SteuerklassePersonenFreibetrag
    1Ehepartner500.000 €
    1Kinder, Stiefkinder, Enkel (sofern deren Eltern schon verstorben sind)400.000 €
    1Alle Enkel (sofern deren Eltern noch leben)200.000 €
    1Eltern und Großeltern (Erwerb von Todes wegen)100.000 €
    2Eltern und Großeltern (Zuwendung unter Lebenden)20.000 €
    2Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern und -kinder, geschiedener Ehepartner20.000 €
    3Alle übrigen Erben und Zuwendungsempfänger20.000 €

    Sämtliche Vermögenswerte, die unter diesen Freibeträgen liegen, müssen nicht versteuert werden.

    Interessant in diesem Zusammenhang ist die Frage, wie sich die  Erbschaftssteuerfreibeträge bei Kindern aus sogenannten „Patchwork-Familien“ gestalten, da heute ja eine Vielzahl an Kindern mit dem neuen Lebenspartner oder Ehepartner des leiblichen Elternteils aufwachsen. Hierbei ist zu beachten, dass Stiefkinder in erbrechtlicher Hinsicht den leiblichen Kindern bzw. Adoptivkindern nicht gleichgestellt sind. Stiefkinder sind gesetzlich nicht erbberechtigt. Sollen diese im Rahmen des Erbes bedacht werden, muss zwingend zu ihren Gunsten eine Verfügung von Todes wegen getroffen werden. Komplett anders hingegen werden Stiefkinder in erbschaftssteuerrechtlicher Hinsicht behandelt: Das Stiefkind ist überraschenderweise nach den Regelungen des § 15 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) den leiblichen Kind gleichgestellt, wenn es vom Stiefvater oder der Stiefmutter erbt. Das Stiefkind gehört hiernach zu den steuerlich begünstigten Personen in Steuerklasse I. Es ist ein Steuerfreibetrag von 400.000 € zu berücksichtigen.

    Eine weitere Besonderheit im Erbschaftssteuerrecht gilt hinsichtlich der Enkel eines Erblassers. Solange der Elternteil des Enkels noch lebt, der Abkömmling des Erblassers ist, ist beim Enkel ein Erbschaftssteuerfreibetrag in Höhe von 200.000 € zu berücksichtigen. Wenn aber der Elternteil, der der Abkömmling des Erblassers ist, bereits verstorben ist, so kommt der Enkel in den Genuss eines Steuerfreibetrages in Höhe von 400.000 €.

    Da die Lebenserwartung hierzulande immer mehr gestiegen ist, hatten nicht wenige Erblasser zu Lebzeiten auch das Glück, Urenkel zu haben. Auch hier stellt sich die Frage, wie die Urenkel im Hinblick auf die Erbschaftssteuerfreibeträge zu behandeln sind. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen haben Urenkel nach ihren verstorbenen Urgroßeltern im Gegensatz zu den Enkeln lediglich einen Freibetrag von 100.000 €, da nach Auffassung des Gerichts Urenkel Abkömmlinge der Kinder des Erblassers im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sind, für die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG lediglich ein Freibetrag von 100.000,00 € gelte.

    Wer bislang den Weg zum Standesamt gescheut hat, der sollte bedenken, dass die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft in erbschaftssteuerrechtlicher Hinsicht durchaus auch massive Nachteile im Vergleich zu Ehegatten haben. Nach dem Gesetzgeber werden Erwerbe von Vermögen von Todes wegen durch den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft dem Erwerb unter völlig Fremden gleichgestellt:

    So liegt der persönliche Freibetrag bei lediglich 20.000 EUR, wohingegen Ehegatten einen Freibetrag in Höhe von 500.000 EUR beanspruchen können.

    Der besondere Versorgungsfreibetrag von maximal 256.000 EUR steht nur Ehegatten zu, nicht jedoch den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft.

    Die Steuersätze sind in der Steuerklasse III, welche für eheähnliche Lebensgemeinschaften anzuwenden ist, deutlich höher als in der Steuerklasse I, die für Ehegatten gilt.