RA Thomas Domsz

Auch Kontoguthaben ist Bargeld

Das OLG Oldenburg (Urt. v. 20.12.2023 (3 U 8/23) hatte über diesen Fall zu entscheiden:

Der Erblasser hatte zugunsten einer Person ein Vermächtnis dahingehend angeordnet, dass diese sein “Barvermögen” erhalten solle. Die mit diesem Vermächtnis belasteten Erben und die begünstigte Vermächtnisnehmerin gerieten in der Folge in Streit darüber, ob das Barvermögen des Erblassers lediglich die paar wenigen Geldscheine und Münzen umfasst, welche der Erblasser tatsächlich in bar zuhause hatte, oder ob von diesem Begriff auch das Bankguthaben umfasst ist, welches natürlich schon etwas üppiger ausfiel. Die Vermächtnisnehmerin ging – wen sollte es wundern – selbstverständlich zu ihren Gunsten davon aus, dass das im Testament als “Barvermögen” bezeichnete Vermächtnis sämtliche liquiden Mittel umfasst, also auch etwaiges Bankvermögen.

Das hiermit befasste OLG Oldenburg gab der Vermächtnisnehmerin Recht:

Generell hat das Gericht durch Auslegung des Testaments zu ermitteln, was der Erblasser mit Barvermögen gemeint hat. Nach Auffassung des OLG Oldenburgs ist der Begriff des Barvermögens in der heutigen Zeit des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehrs so zu verstehen, dass damit das Bargeld einschließlich der bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder gemeint sei. Durch die immer üblicher werdende Kartenzahlung hat sich die Verkehrsanschauung des Begriffes „bar“ verschoben. Dieser umfasse mittlerweile das gesamte sofort verfügbare Geld, worunter auch die Kartenzahlung falle. Wertpapiere hingegen fallen nicht unter den Begriff des „Barvermögens“; sie sind als Kapitalvermögen zu klassifizieren.

RA Thomas Domsz

Testament auf einem Kellnerblock

Das OLG Oldenburg hatte sich mit einem Fall auseinanderzusetzen, der nicht ganz alltäglich ist:

Nachdem ein Gastwirt aus dem Landkreis Ammerland verstorben war, beantragte seine langjährige Lebensgefährtin beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erbin ausweisen sollte. Das Kuriose an der Sache bestand darin, dass sie als Testament des Verstorbenen dem Nachlassgericht einen Bestellzettel eines Kellnerblocks vorlegte, der sich in der Kneipe hinter der Theke befand. Auf diesem Bestellzettel war der Spitzname der Lebensgefährtin (im Urteil “BB” genannt) in folgendem Text genannt: “BB bekommt alles.”. Darunter befand sich sodann noch das Datum und die Unterschrift des Erblassers. Das in dieser Erbangelegenheit zuständige Nachlassgericht Westerstede war der Auffassung, dass die Lebensgefährtin nicht Erbin des Gastwirtes geworden wäre, da nicht sicher davon auszugehen sei, dass der Gastwirt tatsächlich ein Testament auf einem Kellnerblock errichten wollte und daher der erforderliche Testierwille fehle.

Die Lebensgefährtin gab sich hiermit nicht zufrieden, so dass die Sache schließlich beim 3. Senat des OLG Oldenburgs landete, welcher auf Erbrecht spezialisiert ist. Dieser sah aufgrund der Einzelheiten dieses Falles es als gegeben an, dass es sich hierbei um ein wirksames Testament handelt. Die Lebensgefährtin konnte daher ihr Erbe doch noch antreten.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss v. 20.12.2023 – 3 W 96/23

Leitsatz:

Die Verwendung von ungewöhnlichem Schreibpapier (hier: Kneipenblock) spricht nicht per se
gegen einen ernsthaften Testierwillen. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, zur Bewertung der Echtheit eines handschriftlichen Testaments einen Schriftsachverständigen hinzuzuziehen oder im Rahmen eigener vorhandener Sachkunde den Schriftvergleich selbst durchzuführen. Bei der Bewertung des Testierwillens können auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände berücksichtigt werden (z. B. Auffindesituation, Äußerungen des Erblassers unmittelbar vor Testamentserrichtung), über die ggf. gesondert Beweis zu erheben ist

RA Thomas Domsz

Umfang der Ermittlungen des Notars bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses

BGH – Beschluss des I. Zivilsenats vom 07.03.2024 – I ZB 40/23 –

Nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangen, dass das Nachlassverzeichnis durch einen Notar erstellt wird. Immer wieder stellt sich im Rahmen der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses die Frage, inwieweit der Notar auf eigene Faust nach Nachlassvermögenswerten forschen muss. Hierzu hat sich nunmehr der BGH in seinem Beschluss vom 07.03.2024 geäußert.

Der Leitsatz des BGH in dieser Entscheidung lautet wie folgt:

“Der Notar, der vom Erben mit der Aufstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt worden ist, entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Der Notar ist dagegen nicht
verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren.”

Nach Auffassung des BGH ist somit der Notar nicht verpflichtet, ohne entsprechende Anhaltspunkte sämtlichen denkbaren Möglichkeiten von eventuell vorhandenem Nachlassvermögen nachzugehen.