RA Thomas Domsz

Testament auf einem Kellnerblock

Das OLG Oldenburg hatte sich mit einem Fall auseinanderzusetzen, der nicht ganz alltäglich ist:

Nachdem ein Gastwirt aus dem Landkreis Ammerland verstorben war, beantragte seine langjährige Lebensgefährtin beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erbin ausweisen sollte. Das Kuriose an der Sache bestand darin, dass sie als Testament des Verstorbenen dem Nachlassgericht einen Bestellzettel eines Kellnerblocks vorlegte, der sich in der Kneipe hinter der Theke befand. Auf diesem Bestellzettel war der Spitzname der Lebensgefährtin (im Urteil “BB” genannt) in folgendem Text genannt: “BB bekommt alles.”. Darunter befand sich sodann noch das Datum und die Unterschrift des Erblassers. Das in dieser Erbangelegenheit zuständige Nachlassgericht Westerstede war der Auffassung, dass die Lebensgefährtin nicht Erbin des Gastwirtes geworden wäre, da nicht sicher davon auszugehen sei, dass der Gastwirt tatsächlich ein Testament auf einem Kellnerblock errichten wollte und daher der erforderliche Testierwille fehle.

Die Lebensgefährtin gab sich hiermit nicht zufrieden, so dass die Sache schließlich beim 3. Senat des OLG Oldenburgs landete, welcher auf Erbrecht spezialisiert ist. Dieser sah aufgrund der Einzelheiten dieses Falles es als gegeben an, dass es sich hierbei um ein wirksames Testament handelt. Die Lebensgefährtin konnte daher ihr Erbe doch noch antreten.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss v. 20.12.2023 – 3 W 96/23

Leitsatz:

Die Verwendung von ungewöhnlichem Schreibpapier (hier: Kneipenblock) spricht nicht per se
gegen einen ernsthaften Testierwillen. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, zur Bewertung der Echtheit eines handschriftlichen Testaments einen Schriftsachverständigen hinzuzuziehen oder im Rahmen eigener vorhandener Sachkunde den Schriftvergleich selbst durchzuführen. Bei der Bewertung des Testierwillens können auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände berücksichtigt werden (z. B. Auffindesituation, Äußerungen des Erblassers unmittelbar vor Testamentserrichtung), über die ggf. gesondert Beweis zu erheben ist

    RA Thomas Domsz

    Gemeinschaftliches Testament / Ehegattentestament

    Da Testamente von Ehepartnern häufig ohne rechtliche Beratung erstellt werden, kommt es dann später nach dem Tod des ersten Ehepartners oft zu bösen Überraschungen für den überlebenden Ehepartner. Um solches zu vermeiden, ist es wichtig, das Folgende zu einem Ehegattentestament zu wissen.

    1. Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge!

    Ohne ein Testament kommt es zu der gesetzlichen Erbfolge. Diese hat jedoch in der Regel Konsequenzen, die von den Ehepartnern niemals gewollt waren!

    Denn wenn die Ehepartner kein (gemeinsames) Testament erstellen und Kinder haben, führt die gesetzliche Erbfolge automatisch dazu, dass beim Tod eines Elternteils dessen (!) Vermögen nur zu 50 % dem überlebenden Ehepartner zufällt, die anderen 50 % bekommen – per Gesetz – die Kinder.

    Beispiel: Das im gemeinsamen Eigentum der Ehepartner stehende Einfamilienhaus gehört also ohne Testament beim Versterben eines der Ehepartner plötzlich zu 25 % dem(n) Kind(ern) als Miterben!

    Noch schlimmer: gehört das von den Ehepartnern gemeinschaftlich bewohnte Haus im Grundbuch nur einem der Ehepartner und verstirbt dieser, erben die Kinder sogar 50 % dieses Hauses und der überlebende Ehepartner erhält nur die anderen 50 %. Damit wäre – ohne Testament – die Situation gegeben, dass der überlebende Ehepartner nicht mehr frei über das Jahrzehnte lang von den Ehepartnern gemeinsam bewohnte Haus verfügen kann, sondern bei allen das Haus betreffenden Entscheidungen von Bedeutung die Miterben (= Kinder) um deren Zustimmung bitten müsste.

    2. Berliner Testament

    Solche und auch noch andere Probleme bei einem fehlenden Testament können durch ein gemeinschaftliches Testament der Eltern verhindert werden. Ziel ist es dabei vor allem, dass der überlebende Ehepartner bestmöglichst abgesichert ist und bleibt. Ein solches Testament zwischen Ehepartnern nennt man „Berliner Testament“.

    2.1 Was kann in einem Berliner Testament geregelt werden?

    Der wesentliche Kern eines Berliner Testaments besteht darin, dass sich dort die Ehepartner gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzen, so dass beim Tod des Erstversterbenden der überlebende Ehepartner dessen Alleinerbe wird. Der überlebende Ehepartner wird also Alleineigentümer einer gemeinsamen Immobilie und bleibt damit völlig frei darin, was er mit dieser machen möchte. Erst dann, wenn der zweite Ehepartner verstirbt, kommen also die Kinder zum Zuge und erben.

    2.2 Wechselbezüglichkeit

    Aber Achtung: schnell kann es passieren, dass bei einem Berliner Testament eine „Wechselbezüglichkeit“ eintritt. Dies bedeutet, dass dann, wenn einer der Ehepartner stirbt, der überlebende Ehepartner nichts mehr an dem gemeinschaftlichen „Berliner Testament“ ändern kann!

    Das Leben ist aber so vielfältig, dass es unzählige Situationen gibt, bei denen es sinnvoll wäre oder gar zwingend erforderlich werden könnte, dass der überlebende Ehepartner das gemeinsame Berliner Testament auch noch nach dem Tod des erstverstorbenen Ehepartners allein abändern kann. Dafür muss aber diese Abänderlichkeit für den überlebenden Ehegatten ausdrücklich im Berliner Testament festgeschrieben sein!

    2.3 Pflichtteilsklausel

    Ein Berliner Testament sollte eine „Pflichtteilsklausel“ beinhalten, die bestimmt, dass dann, wenn beim Tod eines Elternteils ein Kind gegenüber dem überlebenden Elternteil einen Pflichtteilsanspruch geltend macht, ein solches Kind beim Tod des zweiten Elternteils dann ebenfalls nur den Pflichtteil erhält. Das ist nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und somit eine empfindliche Strafe für das Kind. Das schützt also den überlebenden Elternteil.

    3. Fazit:

    Was sich im Grunde so einfach anhört, bedarf im Einzelfall, also beim eigenen persönlichen Testament, stets sehr sorgfältiger Regelungen, um damit genau das wirksam werden zu lassen, was sich die Ehepartner bezüglich ihres (gemeinsamen) Nachlasses vorstellen.

    RA Thomas Domsz

    Erben und Vererben

    „Wer in einem Testament nicht bedacht worden ist, findet Trost in dem Gedanken, dass der Verstorbene ihm vermutlich die Erbschaftssteuer ersparen wollte.” – Sir Peter Ustinov

    1. Gesetzliche Erbfolge

    Jeder hat die Möglichkeit seinen Nachlass zu regeln. Ohne entsprechende Verfügung von Todes wegen gilt im Erbfall die gesetzliche Erbfolge des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt zunächst die Verwandten in einer bestimmten Reihenfolge (Ordnung). Eine besondere Stellung nehmen zudem Ehegatten ein. Sie werden neben den Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung Miterben. Die Erbquote des Ehepartners hängt von dem jeweils geltenden Güterstand ab. Eine Erbschaft umfasst sämtliche Vermögensgegenstände, aber auch mögliche Schulden.

    Die gesetzliche Erbfolge läuft vollkommen schematisch nach den gesetzlichen Regeln ab und zudem vollkommen unabhängig davon, ob der Erblasser eigentlich andere Vorstellungen im Hinblick auf seinen Nachlass hatte.

    2. Gewillkürte Erbfolge

    Um genau die eben genannte missliche Situation zu vermeiden und um die eigenen Vorstellungen im Hinblick auf sein Vermögen zu realisieren, kann und sollte jeder die Übertragung seines Vermögens mit einer Verfügung von Todes wegen maßgeschneidert regeln. Man spricht dann von der gewillkürten Erbfolge.

    3. Verschiedene Arten der letztwilligen Verfügung

    Zunächst kann der Erblasser ein Einzeltestament errichten. Dieses kann entweder zur Niederschrift eines Notars errichtet oder vom Erblasser eigenhändig verfasst werden. Das selbst verfasste Testament muss eigenhändig handschriftlich geschrieben und unterschrieben sein. Zudem soll der Erblasser im Testament angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er es niedergeschrieben hat.

    Der Erblasser hat bei der inhaltlichen Gestaltung eines Testaments einen großen Spielraum. Neben der Erbeinsetzung kann er Vermächtnisse, Auflagen oder die Testamentsvollstreckung anordnen oder eine Teilungsanordnung treffen. Bereits hier wird deutlich, dass es durchaus kompliziert sein kann, die eigenen Wünsche im richtigen Kontext und vor allem rechtssicher zu formulieren.

     Ist der Erblasser verheiratet, liegt es nahe, dass er seinen letzten Willen mit dem Partner im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments verfasst. Es kann dann ein Ehegattentestament errichtet werden. Dazu genügt es, wenn ein Partner den Text für beide Partner eigenhändig zu Papier bringt und beide den Text unterschreiben.

    In diesem Zusammenhang ist oft vom „Berliner Testament“ die Rede. Hierbei handelt es sich um ein Ehegattentestament, bei dem sich beide Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben des anderen und zudem einen Dritten, z.B. die Kinder, als Schlusserben einsetzen. Schlusserbe ist derjenige, an den der gemeinsame Nachlass nach dem Ableben des länger lebenden Partners weitervererbt wird.

    Auch hier gibt es Fallstricke: Ob die Ehegatten eine wechselbezügliche Verfügung getroffen haben, ist ein häufiger Streitfaktor nach dem Ableben des erstversterbenden Ehegatten. Mit dem Tod des erstversterbenden Ehegatten tritt eine Bindungswirkung ein. Ein einseitiger Widerruf ist nicht möglich. Der überlebende Ehegatte kann seine Verfügung nur aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt.

     Schließlich besteht noch die Möglichkeit für den Erblasser, einen Erbvertrag zu schließen. Der Erblasser kann durch Vertrag unter anderem einen Erben einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen. Der Erbvertrag ist eine Verfügung von Todes wegen in Vertragsform, der für die Vertragsbeteiligten bindend ist. Die vertragliche Bindungswirkung des Erbvertrags stellt einen wesentlichen Unterschied zum gemeinschaftlichen Testament dar. Sie tritt bereits mit dem Abschluss des Vertrags ein. Der Erbvertrag unterliegt der Formvorschrift der notariellen Beurkundung.

    4. Fazit

    Wie Sie, lieber Leser, wohl bereits selbst erkennen konnten, stellt es ein gar nicht so leichtes Unterfangen dar, eine letztwillige Verfügung so zu verfassen, dass diese zugleich Ihre Vorstellungen und Wünsche im Hinblick auf Ihren Nachlass vollumfänglich widerspiegelt und sämtlichen rechtlichen Vorgaben entspricht. Um diesen Erfordernissen gerecht werden zu können, sollte keinesfalls auf anwaltliche Hilfe verzichtet werden. Immerhin geht es um den gesamten eigenen Nachlass, der in der Regel über Jahrzehnte hinweg selbst sehr hart erarbeitet wurde!